Vulkanaschewolke
25. May. 2011
Vulkanaschewolke Island und Sperrung des Flugraumes / Ansprüche Reisende / Pflichten Reiseveranstalter, Kündigung von Reisen wegen höherer Gewalt
Für Ansprüche wegen Kündigung wegen höherer Gewalt, § 651 j BGB (Absage des Flugverkehrs durch Naturkatastrophen wie die Vulkanasche) muss unterschieden werden in Reisende, die nur den Flug gebucht haben oder eine komplette Reise bei einem Reiseveranstalter, d.h. wo mehrere Reiseleistungen verkauft wurden. Außerdem ist zu unterscheiden von den Rechten der Reisenden vor Antritt der Reise oder wenn sie schon im Zielgebiet der Reise sind.
Vorab sei auf die Informationspflicht des Reiseveranstalters hingewiesen, die Reisenden unverzüglich über das Vorliegen der höheren Gewalt aufzuklären.
1. Reiseveranstalter (Pauschalreisen)
Der Tatbestand der höheren Gewalt gemäß § 651 j BGB liegt bei der derzeitigen Annullierung von Flügen wegen der Vulkanwolke vor, da zwar grundsätzlich die Flugbeförderung in den Risiko- und Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters gehört, jedoch hier Dritte (Flughäfen, Flugsicherheit etc.) für die Absage der Flüge gesorgt haben, jedoch nicht die Fluglinien selbst.
Voraussetzung für das Kündigungsrecht (des Reisenden und des Veranstalters) ist aber, dass die höhere Gewalt zu einer erheblichen Erschwerung der Reise führt und nicht zu nur einer geringfügigen Beeinträchtigung, denn es gibt kein generelles Recht auf kostenlose Stornierung einer Reise:
Ist etwas bei einer Kurzreise von 3 Tagen absehbar, dass sich der Abflug in den Urlaub um 1 Tag verschieben würde, kann der Kunde den Reisevertrag kündigen und erhält den Reisepreis zurück. Für längere Reisen von zum Beispiel 2 Wochen Dauer dürfte ein Kündigungsrecht nicht vorliegen, wenn nicht ein deutlich verspäteter Abflug (ca. 2-3 Tage) vorliegt. Die Verspätung des Abfluges stellt dann aber einen Reisemangel dar, der zu Minderung des Reisepreises berechtigt. Gleiches gilt, wenn der Reisende wegen der Naturkatastrophe früher zurückkehrt als geplant.
Bei unberechtigter Kündigung des Reisenden hat der Reiseveranstalter Anspruch auf Erstattung der Stornogebühren ggf. gemäß AGB.
Bei Kündigung durch den Reiseveranstalter oder/und den Reisenden sind die Mehrkosten für die Rückbeförderung von den Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen (§ 651 j Absatz 2 BGB). Im übrigen fallen die Mehrkosten dem Reisenden zur Last, z.B. die Kosten, die durch den längeren Aufenthalt am Urlaubsort entstehen. Es ist also zu erwarten, dass der Reiseveranstalter die Kündigung wegen höherer Gewalt nach § 651 j BGB ausspricht, wenn es so aussieht, dass die Reisenden länger am Zielort bleiben müssen als geplant!
Der Reiseveranstalter muss im Fall der Kündigung der Reise (durch den Reisenden oder den Reiseveranstalter) vor Reisebeginn den Reisepreis zurückzahlen; zu darüber hinausgehendem Schadenersatz ist der Reiseveranstalter – mangels Verschulden – nicht verpflichtet.
Die Kündigung ist formlos möglich, wird jedoch durch den Reiseveranstalter zu Beweiszwecken in der Regel schriftlich erfolgen.
2. Reiseveranstalter als Ferienhausvermieter (ohne Flug)
Hat ein Reisender nur ein Ferienhaus gebucht, kommt grundsätzlich eine kostenlose Stornierung nicht in Betracht, da der Reiseveranstalter durchaus seine Leistung erbringen kann und die Anreise nicht Leistungsinhalt ist. Mithin gelten die ggf. vereinbarten Stornobedingungen des Reiseveranstalters, wonach der Reisende die Stornokosten zu zahlen hat.
Im Fall von „höherer Gewalt“ (hier Sperre des Luftraumes wegen Vulkanasche) hat der Reisende gegen die Fluglinie keinen Anspruch auf Schadenersatz der „frustrierten" Ferienhauskosten.
3. Flugvermittler/Reisebüro (ohne andere Reiseleistungen)
Wurde der Flug einzeln gebucht, ist das ausführende Luftfahrtunternehmen Ansprechpartner und nicht das Reisebüro. Das ist jenes Unternehmen, das die Flugleistung tatsächlich erbringt. Auch wenn also z.B. die Buchung bei Delta Air erfolgt ist, die Ausführung aber durch KLM geschieht (also KLM fliegt), dann ist KLM Ansprechpartner für die Ansprüche des Reisenden.
Anspruchsgrundlage ist in diesem Fall die EU-Fluggastrechte-Verordnung (VO 261⁄2004). Diese Verordnung gilt für Flüge von einem Flughafen im Gebiet eines EU-Mitgliedsstaates (egal wohin) und für Flüge aus einem Drittstaat mit einer Fluglinie mit Sitz in der EU in das Gebiet der EU. „Hin und Rückflug gelten als zwei verschiedene Flüge!“.
Im Fall der Streichung von Flügen kann der Passagier wahlweise die Erstattung des Flugpreises (zahlbar binnen 7 Tagen) oder anderweitige Beförderung zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt verlangen. Was unter „anderweitiger Beförderung“ (nur Umbuchung auf späteren Flug oder auch Bus oder Bahn) und „frühestmöglich“ genau zu verstehen ist, ist leider umstritten. Im Streitfall empfiehlt es sich, alle Auslagen genau dokumentieren. Weiter stehen dem Passagier folgende Betreuungsleistungen zu: Verpflegung, Hotelunterbringung, zwei unentgeltliche Telefonate (oder Faxe oder e-mails). Dagegen steht – soweit der Ausfall des Fluges auf außergewöhnliche Umstände (Vulkanasche – Sperre des Luftraumes) zurückgeht – keine darüberhinausgehende Ausgleichsleistung zu.
4. Reiserücktrittsversicherungen
Reiserücktrittsversicherungen springen im vorliegenden Fall (Vulkanasche – Sperre des Luftraumes) nicht ein, da sie ausschließlich Unwägbarkeiten des Reisenden selbst absichern.
Thorsten Badinski
Rechtsanwalt
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